Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis 30.09.2020 bei coronabedingter Insolvenz
Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a InsO bei Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung ist bis 30. September 2020 unter zwei Voraussetzungen ausgesetzt.
Erste Voraussetzung ist, dass die Insolvenzreife auf den Folgen der Corona-Pandemie beruht (Corona-Ursächlichkeit). Die Ursächlichkeit wird gesetzlich vermutet, wenn am 31. Dezember 2019 keine Zahlungsunfähigkeit vorgelegen hat.
Zweite Voraussetzung ist, dass Aussicht darauf besteht, die Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen zu können. Sobald die positive Aussicht endet und eine Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit aussichtslos erscheint, lebt die ausgesetzte Antragspflicht wieder auf. Die positive Aussicht wird gesetzlich vermutet, sofern Zahlungsfähigkeit am 31. Dezember 2019 bestand.
Empfehlung: Unternehmen, die aktuell im schwierigen Fahrwasser unterwegs sind, sollten sicherheitshalber ihre Liquiditätsplanung dokumentieren.
Einschränkung der Haftung der Geschäftsleiter
Solange die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags ausgesetzt ist, gelten Zahlungen im ordnungsgemäßen Geschäftsgang, die die Geschäftsleitung veranlasst hat, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters veranlasst und führen zu keiner Haftung der Geschäftsführer/Vorstände. Zu den Zahlungen im ordnungsgemäßen Geschäftsgang zählen vor allem Zahlungen, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes oder der Umsetzung eines Sanierungskonzepts dienen.
Insolvenzrechtliche Aufwertung von Gesellschafterdarlehen
Die Bundesregierung hat einen Anreiz geschaffen, damit Gesellschafter ihrem Unternehmen Geld im Wege eines Darlehens zuführen.
Diese krisenbedingten Gesellschafterdarlehen werden bei einer späteren Insolvenz im Normalfall nicht im gleichen Rang mit allgemeinen Gläubigerforderungen befriedigt, sondern nachrangig „am Schluss der Gläubigerschlange“. Wird bis zum 30. September 2023 ein Insolvenzverfahren beantragt, sind im Aussetzungszeitraum gewährte Gesellschafterdarlehen nicht nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangig, sondern einfache Insolvenzforderungen im gleichen Rang.
Auch Kredite, die bis zum 30. September gewährt werden, sind in einer etwaigen späteren Insolvenz nur eingeschränkt anfechtbar. Dies gilt teilweise auch für Gesellschafterdarlehen. Besondere Beachtung verdient dabei, dass die von der KfW oder anderen Institutionen im Rahmen der staatlichen Hilfsprogramme gewährten Kredite von dieser Ausnahmeregelung betroffen sind. Auch die Anfechtungsrechte im Insolvenzverfahren sind während der Coronakrise eingeschränkt. Damit soll gewährt werden, dass Vertragspartner nicht aus Furcht vor Ansprüchen im Insolvenzverfahren die Geschäftsbeziehung beenden.